"Junge Welt", 25.07.2011 Schiffskatastrophe auf der Wolga wirft Schlaglicht auf eines der größten Probleme Moskaus: Die marode Infrastruktur Beim schwersten Schiffsunglück in Rußland seit mehr als zwei Jahrzehnten sind Behördenangaben zufolge 120 Menschen ums Leben gekommen. An Bord der am 10. Juli während eines Gewitters gesunkenen Fähre »Bulgaria« befanden sich 208 Passagiere, von denen nur 79 gerettet werden konnten. Die übrigen gelten als vermißt. Die 1955 in der Tschechoslowakei gefertigte Doppeldeckfähre sank rund drei Kilometer vom Ufer entfernt auf einem Wolga-Stausee, als sie ihre Tour zwischen den Städten Bolar und Kasan – der Hauptstadt der russischen Teilrepublik Tatarstan – absolvierte. Inzwischen hat Transportminister Igor Lewitin einen generellen Beförderungsstopp für alle Fähren dieses Schiffstyps erlassen. Anläßlich einer Trauerfeier am 14. Juli griff Ministerpräsident Wladimir Putin die Betreibergesellschaft der gesunkenen Fähre scharf an: »So viele Tote, so viele getötete Kinder – es ist furchtbar, daß wir so einen hohen Preis für Verantwortungslosigkeit, Nachlässigkeit, Habgier und grobe Verstöße gegen Sicherheitsbestimmungen zahlen müssen.« Putin forderte eine strenge Überprüfung der Sicherheitsregeln in der Branche, wie auch harte Strafen bei etwaigen Verstößen. »Dieses Desaster hat das Land erschüttert«, so der russische Regierungschef. Einen Tag zuvor war der Vorsitzende der Betreibergesellschaft der »Bulgaria« verhaftet worden, die Staatsanwaltschaft hat gegen ihn ein Verfahren angestrengt. Das Schiff war neuesten Untersuchungsergebnissen zufolge letztmalig vor 30 Jahren gründlich instand gesetzt worden. Der linke Motor sei beschädigt gewesen, und es gab überhaupt keine Lizenz, um Passagiere befördern zu können. Die am Unglückstag total überladene Fähre – sie war für 140 Passagiere ausgelegt – hatte während des Gewitters Schlagseite bekommen und war binnen weniger Minuten gesunken.
Rußland rostet
Rußland rostet
Rußland rostet
"Junge Welt", 25.07.2011 Schiffskatastrophe auf der Wolga wirft Schlaglicht auf eines der größten Probleme Moskaus: Die marode Infrastruktur Beim schwersten Schiffsunglück in Rußland seit mehr als zwei Jahrzehnten sind Behördenangaben zufolge 120 Menschen ums Leben gekommen. An Bord der am 10. Juli während eines Gewitters gesunkenen Fähre »Bulgaria« befanden sich 208 Passagiere, von denen nur 79 gerettet werden konnten. Die übrigen gelten als vermißt. Die 1955 in der Tschechoslowakei gefertigte Doppeldeckfähre sank rund drei Kilometer vom Ufer entfernt auf einem Wolga-Stausee, als sie ihre Tour zwischen den Städten Bolar und Kasan – der Hauptstadt der russischen Teilrepublik Tatarstan – absolvierte. Inzwischen hat Transportminister Igor Lewitin einen generellen Beförderungsstopp für alle Fähren dieses Schiffstyps erlassen. Anläßlich einer Trauerfeier am 14. Juli griff Ministerpräsident Wladimir Putin die Betreibergesellschaft der gesunkenen Fähre scharf an: »So viele Tote, so viele getötete Kinder – es ist furchtbar, daß wir so einen hohen Preis für Verantwortungslosigkeit, Nachlässigkeit, Habgier und grobe Verstöße gegen Sicherheitsbestimmungen zahlen müssen.« Putin forderte eine strenge Überprüfung der Sicherheitsregeln in der Branche, wie auch harte Strafen bei etwaigen Verstößen. »Dieses Desaster hat das Land erschüttert«, so der russische Regierungschef. Einen Tag zuvor war der Vorsitzende der Betreibergesellschaft der »Bulgaria« verhaftet worden, die Staatsanwaltschaft hat gegen ihn ein Verfahren angestrengt. Das Schiff war neuesten Untersuchungsergebnissen zufolge letztmalig vor 30 Jahren gründlich instand gesetzt worden. Der linke Motor sei beschädigt gewesen, und es gab überhaupt keine Lizenz, um Passagiere befördern zu können. Die am Unglückstag total überladene Fähre – sie war für 140 Passagiere ausgelegt – hatte während des Gewitters Schlagseite bekommen und war binnen weniger Minuten gesunken.