"Junge Welt", 12.04.2010 Erdgaspipeline Nord Stream sorgt für Verdruß in Osteuropa. Polen, baltische Staaten, Belarus und Ukraine müssen Bedeutungsverlust gegenüber Rußland hinnehmen Bundeskanzlerin Angela Merkel scheint über eher beschränkte Geographiekenntnisse zu verfügen. Wie sonst ließe sich die fortgesetzte Verwechslung Europas mit der BRD seitens der deutschen Regierungschefin erklären? Zuletzt unterlief der Bundeskanzlerin dieses Malheur in einer Videobotschaft zum offiziellen Spatenstich der Ostsee-Pipeline am 9. April, als Merkel dieses deutsch-russische Projekt als einen wichtigen Schritt zur Stabilisierung der europäischen Energieversorgung bezeichnete: »Für Europa ist dies ein wichtiger Beitrag zur Versorgungssicherheit«, so Merkel. Auch der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) lobte das Vorhaben unter hartnäckiger Ignoranz geographischer Gegebenheiten: »Das Projekt bildet die Schnittstelle zwischen dem russischen und dem europäischen Pipeline-Netzwerk«, behauptete der inzwischen für den russischen Monopolisten Gasprom tätige Selfmademan. Rußlands Präsident Dmitri Medwedew meinte ebenfalls, daß die Leitung Europa mehr Energiesicherheit zu »angemessenen und zumutbaren« Preisen verschaffen werde. Die Ostsee-Pipeline soll ab 2011 das russische Wyborg unter Umgehung des osteuropäischen Pipelinenetzes mit dem deutschen Lubmin bei Greifswald verbinden. Den aktuellen Planungen zufolge soll ein zweiter, parallel verlaufende Strang 2012 fertiggestellt werden. Dann würde die Ostsee-Pipeline eine Durchleitungskapazität von bis zu 55 Milliarden Kubikmeter Erdgas jährlich erreichen. Diese Menge soll laut Expertenschätzungen etwa elf Prozent des für 2010 prognostizierten Gasverbrauchs der Europäischen Union decken. Wenige Tage vor dem offiziellen Startschuß des Vorhabens hat die Trägergesellschaft Nord Stream AG bereits einen drei Kilometer langen Abschnitt der Pipeline nahe der schwedischen Insel Gotland verlegt. An dem Konsortium sind Gasprom mit 51 Prozent, der deutsche Konzern E.on-Rurhgas sowie die BASF-Tochter Wintershall mit jeweils 20 Prozent, und die niederländische GasUnie mit neun Prozent beteiligt.
Transit wird überflüssig
Transit wird überflüssig
Transit wird überflüssig
"Junge Welt", 12.04.2010 Erdgaspipeline Nord Stream sorgt für Verdruß in Osteuropa. Polen, baltische Staaten, Belarus und Ukraine müssen Bedeutungsverlust gegenüber Rußland hinnehmen Bundeskanzlerin Angela Merkel scheint über eher beschränkte Geographiekenntnisse zu verfügen. Wie sonst ließe sich die fortgesetzte Verwechslung Europas mit der BRD seitens der deutschen Regierungschefin erklären? Zuletzt unterlief der Bundeskanzlerin dieses Malheur in einer Videobotschaft zum offiziellen Spatenstich der Ostsee-Pipeline am 9. April, als Merkel dieses deutsch-russische Projekt als einen wichtigen Schritt zur Stabilisierung der europäischen Energieversorgung bezeichnete: »Für Europa ist dies ein wichtiger Beitrag zur Versorgungssicherheit«, so Merkel. Auch der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) lobte das Vorhaben unter hartnäckiger Ignoranz geographischer Gegebenheiten: »Das Projekt bildet die Schnittstelle zwischen dem russischen und dem europäischen Pipeline-Netzwerk«, behauptete der inzwischen für den russischen Monopolisten Gasprom tätige Selfmademan. Rußlands Präsident Dmitri Medwedew meinte ebenfalls, daß die Leitung Europa mehr Energiesicherheit zu »angemessenen und zumutbaren« Preisen verschaffen werde. Die Ostsee-Pipeline soll ab 2011 das russische Wyborg unter Umgehung des osteuropäischen Pipelinenetzes mit dem deutschen Lubmin bei Greifswald verbinden. Den aktuellen Planungen zufolge soll ein zweiter, parallel verlaufende Strang 2012 fertiggestellt werden. Dann würde die Ostsee-Pipeline eine Durchleitungskapazität von bis zu 55 Milliarden Kubikmeter Erdgas jährlich erreichen. Diese Menge soll laut Expertenschätzungen etwa elf Prozent des für 2010 prognostizierten Gasverbrauchs der Europäischen Union decken. Wenige Tage vor dem offiziellen Startschuß des Vorhabens hat die Trägergesellschaft Nord Stream AG bereits einen drei Kilometer langen Abschnitt der Pipeline nahe der schwedischen Insel Gotland verlegt. An dem Konsortium sind Gasprom mit 51 Prozent, der deutsche Konzern E.on-Rurhgas sowie die BASF-Tochter Wintershall mit jeweils 20 Prozent, und die niederländische GasUnie mit neun Prozent beteiligt.