"Junge Welt", 07.12.2009 Im ukrainischen Wahlkampf überbieten sich Kandidaten mit teuren Versprechen. Doch internationale Geldgeber drehen den Hahn zu Noch vor wenigen Jahren galt die Ukraine als eine wahre Goldgrube für westeuropäische Finanzinstitute. Es waren insbesondere österreichische Bankhäuser, die sich stark engagierten, weil eine enorme private Kreditaufnahme und – im Vergleich zu Westeuropa – hohe Verzinsung über Jahre satte Profite garantierten. Es folgte eine wahre Verschuldungsorgie. Doch mittlerweile herrscht Katerstimmung. Über die österreichische Bank »Raiffeisen International« (RI) berichtete jüngst das Wiener Wirtschaftsblatt: Bei einer Bilanzsumme ihrer ukrainischen Tochter von 5,4 Milliarden Euro seien mittlerweile 20,9 Prozent der Kundenkredite »ausfallsgefährdet«. Vor zwölf Monaten waren es nur 3,9 Prozent gewesen. Raiffeisen International habe nun ein »Ukraine-Problem«, konstatierte das Wirtschaftsblatt, da selbst in anderen schwierigen Finanzmärkten die Ausfallraten bei weiten nicht so hoch seien. In Rußland etwa betrage der Anteil »notleidender« Kredite neun Prozent. Am 1. Dezember, rechtzeitig zum Weihnachtsfest, hat RI daher weiteren Stellenabbau in der Ukraine angekündigt. Probleme mit ausufernder Verschuldung und faulen Kreditden haben aber nicht nur die westeuropäischen Bankhäuser. Auch das Staatsdefizit überschreite die »Grenzen des Tragbaren«, erklärte der Vizeleiter der Präsidialverwaltung der Ukraine, Olexandr Schlapak, Ende November vor dem Parlament in Kiew. Schlapak wies darauf hin, daß die Verschuldung des Landes innerhalb eines Jahres von 95 Milliarden auf gegenwärtig 225 Milliarden Hrywnja (rund 28 Milliarden US-Dollar) geklettert sei. Dabei bildet das Staatsdefizit nicht mal den größten Teil der Auslandsschulden, die die Ukraine in den vergangenen Jahren aufgenommen hat. Insgesamt stehen Konsumenten, Unternehmen und öffentliche Haushalte des Landes mit rund 100 Milliarden US-Dollar in der Kreide.
Vor dem Bankrott
Vor dem Bankrott
Vor dem Bankrott
"Junge Welt", 07.12.2009 Im ukrainischen Wahlkampf überbieten sich Kandidaten mit teuren Versprechen. Doch internationale Geldgeber drehen den Hahn zu Noch vor wenigen Jahren galt die Ukraine als eine wahre Goldgrube für westeuropäische Finanzinstitute. Es waren insbesondere österreichische Bankhäuser, die sich stark engagierten, weil eine enorme private Kreditaufnahme und – im Vergleich zu Westeuropa – hohe Verzinsung über Jahre satte Profite garantierten. Es folgte eine wahre Verschuldungsorgie. Doch mittlerweile herrscht Katerstimmung. Über die österreichische Bank »Raiffeisen International« (RI) berichtete jüngst das Wiener Wirtschaftsblatt: Bei einer Bilanzsumme ihrer ukrainischen Tochter von 5,4 Milliarden Euro seien mittlerweile 20,9 Prozent der Kundenkredite »ausfallsgefährdet«. Vor zwölf Monaten waren es nur 3,9 Prozent gewesen. Raiffeisen International habe nun ein »Ukraine-Problem«, konstatierte das Wirtschaftsblatt, da selbst in anderen schwierigen Finanzmärkten die Ausfallraten bei weiten nicht so hoch seien. In Rußland etwa betrage der Anteil »notleidender« Kredite neun Prozent. Am 1. Dezember, rechtzeitig zum Weihnachtsfest, hat RI daher weiteren Stellenabbau in der Ukraine angekündigt. Probleme mit ausufernder Verschuldung und faulen Kreditden haben aber nicht nur die westeuropäischen Bankhäuser. Auch das Staatsdefizit überschreite die »Grenzen des Tragbaren«, erklärte der Vizeleiter der Präsidialverwaltung der Ukraine, Olexandr Schlapak, Ende November vor dem Parlament in Kiew. Schlapak wies darauf hin, daß die Verschuldung des Landes innerhalb eines Jahres von 95 Milliarden auf gegenwärtig 225 Milliarden Hrywnja (rund 28 Milliarden US-Dollar) geklettert sei. Dabei bildet das Staatsdefizit nicht mal den größten Teil der Auslandsschulden, die die Ukraine in den vergangenen Jahren aufgenommen hat. Insgesamt stehen Konsumenten, Unternehmen und öffentliche Haushalte des Landes mit rund 100 Milliarden US-Dollar in der Kreide.